13. März bis 21. Juni 2020 // ARTRIUM
In seiner Arbeit Herr M. setzt sich LUKAS HEIBGES mit der Geschichte eines Fälschers auseinander und beleuchtet gleichermaßen den Justizfall und die Persönlichkeit.
Zunächst zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, wird Herr M. in der Folge aufwendig observiert, abermals verurteilt und muss schlussendlich eine mehrjährige Gefängnisstrafe antreten. Nach vielfachen Entlassungsgesuchen wird er 2016 wegen Haftunfähigkeit aus dem Strafvollzug entlassen. Mit Hilfe von Bildfragmenten lenkt der Künstler die Aufmerksamkeit auf das Verhältnis, das Menschen zum gegenwärtigen Rechtssystem haben und stellt unseren Blick auf Moral und Gerechtigkeit in Frage.
Lukas Heibges (*1985) studierte in Holland, Berlin und gegenwärtig in Bielefeld Fotografie und Medien. Er lebt und arbeitet in Berlin und Amsterdam.
Zur Ausstellung ist die gleichnamige Publikation bei Spector Books, Leipzig erschienen.
Eine Ausstellung der Kommunalen Galerie Berlin.
Christi Himmelfahrt: 13 - 18 Uhr
Pfingstsamstag und Pfingstsonntag: 13 - 18 Uhr
Pfingstmontag: geschlossen
Pressekritik
Steffen Siegel im Eikon #108, November 2019
Einblick in die Akten gewünscht? Was wie eine recht trockene Einladung klingen mag, verspricht im Fall von Lukas Heibges’ Fotobuch Herr M. größere Spannung. Der Untertitel spricht es deutlich genug aus: Rekonstruiert wird hier der „Justizfall eines Fälschers“ – eben jenes Herrn M., der sich gewerbsmäßig auf das Produzieren amtlicher Dokumente spezialisiert hatte: Ausweise, Pässe, Aufenthaltserlaubnisse. Vor gut zehn Jahren kam ihm die Berliner Staatsanwaltschaft auf die Spur, und in der Zwischenzeit fand nicht nur ein Gerichtsprozess statt, der in einer Gefängnisstrafe mündete, nein, Herr M. hat diese bereits auch abgesessen.
Von alledem aber erzählt Heibges nicht selbst. Vielmehr lässt er die Akten sprechen. So blättern wir durch eine große Zahl amtlicher Schreiben: Observationsprotokolle, Durchsuchungsbefehle, Strafanzeigen, Briefe etc. Sodann aber erweitert Heibges diesen Blick um eigene Fotografien, die Herrn M. im Gefängnis zeigen und schließlich nach seiner Freilassung.
Spätestens hier aber wird klar, worum es in diesem Buch geht: Was ist das eigentlich: ein „Fall“? Wurde nicht gerade die Fotografie schon immer gerade hierauf verpflichtet: etwas festzuhalten, etwas zu konstatieren? Der Aktendeckel, den uns Heibges auf den Tisch legt, formuliert eine Gegenfrage: Wissen wir wirklich, was wir hier, lesend, wie sehend, mit unseren Augen wahrnehmen?